Ist eine Paywall das Richtige für deinen Blog?
Hast du schon mal angefangen einen Beitrag zu lesen und konntest ohne ein Abo oder eine Zahlung nicht weiterlesen? Für Content im Internet zu bezahlen, ist heute nicht mehr wegzudenken. War es noch vor wenigen Jahren nicht üblich für solche Dienstleistungen im Internet zu bezahlen, sieht es inzwischen anders aus. Zeitschriften experimentieren seit einigen Jahren mit verschiedenen Modellen, wie aus ihrem Online-Inhalt am meisten rauszuholen ist. Dazu ist mit Streamingdiensten wie Netflix und Spotify und App-Stores wie Apple und Google das Bezahlen von Online-Inhalten auch nichts Neues mehr. Wir stehen schon lange nicht mehr am Anfang eines Wandels von gratis Online-Inhalten zu kostenpflichtigen, sondern sind bereits mittendrin [1].
Was ist eine Paywall überhaupt?
Paywall, sogenannter Paid Content, bezeichnet ein Modell im Internet, bei dem gewissen Inhalte im Internet kostenpflichtig sind [2]. User*innen können auf den Content hinter einer solchen Paywall, der sogenannten digitalen Bezahlschranke, erst nach Zahlung einer Gebühr oder nach Abschluss eines Abos zugreifen [3]. Andernfalls werden ihnen die Inhalte nicht angezeigt oder sie können das Medium nur mit gewissen Einschränkungen benutzen. Beliebte, interessante und insbesondere aufwändige Inhalte sind häufig kostenpflichtig, um damit Benutzer*innen zu motivieren, ein Abo abzuschliessen [1,4]. Über die Jahre wurden verschiedene Modelle von Paywalls eingeführt, mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Heute noch finden sich verschiedene Arten von Paywalls in Anwendung und obwohl manche Arten verbreiteter sind, ist der Erfolg einer Paywall-Art von der jeweiligen Situation abhängig [5].
Beispiel für eine Paywall [18]
Die üblichen Formen einer Paywall - sechs Modelle im Überblick
Es gibt mehr als nur eine Paywall Form. Wir stellen dir die sechs üblichsten Paywall Modelle vor: Hard Paywall, Freemium Paywall, Metered Paywall, Hybrid Paywall, Dynamische Paywall und Spenden Modell. Jede Form bringt seine eigenen Vor-und Nachteile mit sich.
Hard Paywall
Hinter dem Begriff "Hard Paywall" oder auf Deutsch "harte Bezahlschranke" findet sich eine strikte Form einer Bezahlschranke. Der Online-Inhalt, auf dem Zugriff verlangt wird, wird nur gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt. Sämtliche Inhalte einer Website sind für Nicht-Abonnenten verschlossen [6]. Die Freischaltung kann beispielsweise in Form einer einmaligen Zahlung oder eines Abonnements geschehen. Im Vergleich zu anderen Methoden ist es in diesem Fall schwierig, das Bezahlen oder Abonnement zu umgehen und trotzdem an den Inhalt zu gelangen. Loyale Leser*innen, welche sich des verpassten Inhaltes bewusst sind, werden sich bei einer harten Bezahlschranke am ehesten für eine Finanzierung entscheiden. Anders sieht es dann bei Erstlesern und Erstleserinnen aus, welche nach ein paar Sekunden auf die nächste Seite klicken werden.
Ein grosser Teil des Einkommens der Medienwelt, insbesondere online, kann auf Werbung, Reklame, Ausschreibungen zurückgeführt werden [6]. Dieses Werbeeinkommen ist direkt von der Anzahl Besucher auf der Website, im Blog oder Artikel abhängig, um einige Beispiele zu nennen. Harte Bezahlschranken reduzieren den Traffic substanziell, was sich in den Werbeeinnahmen wiederspiegelt [7]. Dies ist zwar bei allen Bezahlschranken der Fall, aber gerade harte Bezahlschranken mit ihrer ausschliessenden Natur fallen diesem Effekt leicht zum Opfer. Eine Reduktion zwischen 85-95% des Traffics auf dem Blog kann bei der Einführung einer solchen Schranke erwartet werden [8].
Beispiel für eine Hard Paywall bei Republik [19]
Freemium Konzept
Das Freemium Modell funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie zum Beispiel Dropbox oder Spotify. Durch eine grosse Anzahl von kostenlosen Inhalten, in unserem Fall Blogartikel, werden Interessenten angelockt, um sie dann von der Qualität der Artikel zu überzeugen [4]. Die exklusivsten und nützlichsten Artikel werden schliesslich als Premium Inputs gegen eine Gebühr angeboten.
Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, Premium Artikel anzubieten: Ein Abonnement oder eine Gebühr pro Artikel [9]. Oft wird ein Freemium Modell mit Werbeeinnahmen kombiniert. Wenn sich Leser*innen für ein Premium Abonnement entscheiden, fällt die Werbung weg. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass gekürzte Artikel kostenlos angeboten werden und für den vollen Umfang gezahlt werden muss.
[11] BDZV (2020): Paid Content Angebote deutscher Zeitungen
In der Nachrichtenlandschaft ist Freemium das meist genutzte Paid-Content-Modell [4]. Der kostenlose Content wird durch den qualitativ hochwertigeren Premium Content querfinanziert. Im Durchschnitt abonnieren nur 5% der Leser*innen. 5% der Nutzer *innen müssen also das ganze Angebot der Site finanzieren [10].
Was bedeutet das nun konkret? Du hast einen Blog und musst dich entscheiden, ob sich eine Paywall nach dem Freemium Modell für dich lohnt. Du weisst, dass du ungefähr 3000 Leser*innen im Monat hast. Du möchtest mindestens 1000.- Einnahmen im Monat generieren. Den Preis von 5.- im Monat hast du durch den Vergleich mit ähnlichen Angeboten gesetzt. Da im Durchschnitt nur 5% der Leser*innen bereit sind für die exklusiven Inhalte zu zahlen, kannst du lediglich mit Einnahmen von 750.- rechnen. Eine Freemium Paywall lohnt sich für dich also nicht! Du bräuchtest mindestens 4000 Leser*innen, um dein Ziel zu erreichen.
Eine weitere wichtige Einnahmequelle im Freemium Modell stellen die Werbeeinnahmen dar. Durch das Anbieten von kostenlosen Artikeln kann eine grosse Reichweite aufgebaut werden, was sich optimal für Werbeeinnahmen eignet [10].
Ein grosser Vorteil des Freemium Modells ist, dass auch unbekannte Blogger*innen sich erst mal mit ihrem kostenlosen Inhalt beweisen können, um so Leser*innen zum Zahlen zu verleiten. Ausserdem wird klar kommuniziert, welche Inhalte kostenpflichtig sind.
Der Nachteil besteht darin, dass man eine hohe Anzahl an Lesern und Leserinnen braucht, um auch wirklich Geld verdienen zu können. Ein Freemium Modell lohnt sich nur, wenn genug Leser*innen den Premium Content für so nützlich und exklusiv betrachten, dass sie sich dafür entscheiden zu zahlen.
Beispiel für ein Freemium Modell bei Independent [20]
Metered Paywall
Viele bekannte Zeitungen, wie die Financial Times oder die New York Times, benutzen eine Metred Paywall. Vom englischen Wort "metered" ausgehend, ist die Metered Paywall bei jeder Website angepasst. Als Leser*in kannst du für eine bestimmte Anzahl Tage die Artikel lesen oder erhältst ein Artikel Kontingent, auf das du Zugriff hast. Dabei ist die Limite, die du kostenlos lesen kannst vom Anbieter frei wählbar. Hast du dieses Kontingent erreicht, musst du ein Abonnement kaufen oder wartest bis zum nächsten Monat, falls diese Limite auf einen Monat beschränkt ist [6].
Beispiel für eine Metered Paywall bei der Zeitung der Bund [21]
Die richtige Menge an kostenlosen Artikeln festzulegen und den jeweiligen passenden Preis dazu, ist jedoch schwierig. Bei der Bestimmung der Anzahl kostenloser Artikel können mehrere Levels von freiem Zugang über einige Monate getestet werden (beispielsweise 5, 10 oder 15 Artikel pro Monat). Setzt man die Bezahlschranke aber zu tief, könnte man neue Nutzer*innen schnell in die Flucht schlagen, während bei einer zu hohen Bezahlschranke keine Einnahmen durch die Paywall generiert werden [12].
Zusätzlich, um die Leser*innen nicht zu vergraulen, wäre es optimal, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden, wieviele Artikel sie noch kostenlos lesen können. Ansonsten kann es passieren, dass die Leser*innen auf für sie nicht relevante Beiträge herumklicken, ohne zu wissen, dass sie dabei an ihre Limite stossen und dann auf eine Paywall antreffen [13]. Im Gegensatz zum Freemium Modell wird nicht klar kommuniziert welche Inhalte kostenpflichtig und somit exklusiv sind.
Hybrid Paywall
Beispiel für eine Hybride Paywall [22]
Harvard Business Review hat eine Hybrid Paywall, sie kombinieren das Freemium Modell mit dem Metered Modell. Benutzer haben ein Artikel Kontingent von 2 Artikeln was einem Metered Modell entspricht, können aber auch ein Abonnement für für Premium Inhalte lösen.
Dynamische Paywall
Fortschritte in maschinellem Lernen und in der Datensammlung ermöglichen es manchen Nachrichtenseiten - wie beispielsweise der Wall Street Journal in 2017 - zu einem dynamischen Modell überzugehen. Daten über Leser*innen wie Besuchshäufigkeit, Besuchsdauer, Inhaltspräferenz und beliebtestes Zugriffsgerät werden vom System gesammelt und analysiert. Basierend auf diesen Daten ist das Ziel der dynamischen Paywall, individuell massgeschneiderte Inhaltsangebote und auch Preise anzubieten.
Vorteile der dynamischen Bezahlschranke sind die flexible und schnelle Anpassung an externe Ereignisse. Nicht nur kann mit dem Tracken des Leseverhaltens der optimale Inhalt angeboten werden, es kann auch der Moment berechnet werden, in dem die Wahrscheinlichkeit des Kaufs eines Abonnements von einem Leser am grössten ist. Dementsprechend wird die Bezahlschranke für jede Person individuell gesetzt. So wird die Anzahl der Abonnements und der Traffic maximiert.
Die grosse Flexibilität des Modells ist auch ein Mittel, um Traffic auf der Website zu steuern. Ist eine grössere Werbekampagne aufgeschaltet, kann der Punkt an dem bezahlt werden muss, über die Dauer der Werbekampagne nach hinten verschoben werden. Die Folge sind mehr Leser*innen und längere Lesezeiten, also mehr Traffic, was zu höheren Werbeeinnahmen führt [14].
Die Umsetzung verlangt eine Datenarchitektur, welche Echtzeit Datenauswertung und Leser-Interaktion erlaubt, um den Leser im richtigen Moment, einen Moment mit erhöhtem Involvement, nach einem Abonnement zu fragen.
Spenden Modell
Beim Spenden Modell kannst du als Leser*in selbst bestimmen, wie viel du für den jeweiligen Beitrag zahlen möchtest. Meistens wirst du mit Hilfe eines Pop-Ups zum Spenden aufgefordert. Auch bei diesem Modell hast du die Option, einmalig zu zahlen oder ein Abonnement abzuschliessen [9].
Um ein freiwilliges Abonnement anbieten zu können, gibt es zum Beispiel Services wie Flatter. Sie ermöglichen es dir, ein Abonnement für eigentlich kostenlose Inhalte zu lösen, um so deine Lieblings Content Creators zu unterstützen. Solche Services ermöglichen ein einfaches Crowdfunding von einem Blog.
Beispiel Spenden Modell [23]
Spenden Modell
Beim Spenden Modell kannst du als Leser*in selbst bestimmen, wie viel du für den jeweiligen Beitrag zahlen möchtest. Meistens wirst du mit Hilfe eines Pop-Ups zum Spenden aufgefordert. Auch bei diesem Modell hast du die Option, einmalig zu zahlen oder ein Abonnement abzuschliessen [9].
Um ein freiwilliges Abonnement anbieten zu können, gibt es zum Beispiel Services wie Flatter. Sie ermöglichen es dir, ein Abonnement für eigentlich kostenlose Inhalte zu lösen, um so deine Lieblings Content Creators zu unterstützen. Solche Services ermöglichen ein einfaches Crowdfunding von einem Blog.
Welches Modell könnten wir für uns wählen?
Analyse der Konkurrenz
Wie hochwertig ist unser Inhalt?
Wie wird unser Brand wahrgenommen?
Besteht eine Bindung zum Leser?
Conclusion
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Flexibilität im Kontext zu Paywalls entscheidend ist. Wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, scheuen sich Onlinezeitschriften nicht davor, sich der Umwelt anzupassen und ihre Modelle schnell zu ändern. Das gilt auch für Blogs. Die heute optimale Methode ist morgen vielleicht schon wieder veraltet. Veränderungen sind genauso normal, wie unaufhaltbar. Deshalb solltest du immer auf dem neusten Stand sein und Trends aufmerksam verfolgen. Denn mit Veränderungen kommen auch immer neue Chancen, die du nutzen kannst.
Die Autoren
Thuy-Y-Mi Nguyen
Monika Ochsner
Suvetha Somasundram
Laurent Vanbiervliet
Quellenverzeichnis
[1] Com-Magazin (2020). Die Paywall verdrängt die Gratiskultut. Abgerufen auf www.com-magazin.de/praxis/internet/paywall-verdraengt-gratiskultur-1730953.html
[2] Advidera (2020). Paywall. Abgerufen auf https://www.advidera.com/glossar/paywall/
[3] Ryte (2019). Paywall. Abgerufen auf https://de.ryte.com/wiki/Paywall
[4] IONOS (2019). Paywall – Definition der Bezahlschranken. Abgerufen auf https://www.ionos.de/digitalguide/online-marketing/verkaufen-im-internet/paywall/
[5] Cornia, A., Sehl, A., Simon, F. & Nielsen, R. (2017) Pay Models in European News. Reuters Institute for the Study of Journalism S. 1. https://ora.ox.ac.uk/objects/uuid:9e838c8f-141d-4c28-8925-bca26adb9f18
[6] Carson, A. (2015). Behind the newspaper paywall - Lessons in charging for online content: A comparative analysis of why Australian newspapers are stuck in the purgatorial space between digital and print. Media, Culture & Society, 37(7), 1022–1041. https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0163443715591669
[7] Pattabhiramaiah, A., Sriram, S., & Manchanda, P. (2018). Paywalls: Monetizing Online Content. Journal of Marketing, 83(2), S.19–36. https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0022242918815163
[8] Levy, D & Newman, N. (2013). Tracking the Future of News. Reuters Institute Digital News Report 2013 S. 90. https://ora.ox.ac.uk/objects/uuid:18c8f2eb-f616-481a-9dff-2a479b2801d0
[9] Kansky H. (2015) Paid Content-Modelle in der Übersicht. In: Breyer-Mayländer T. (eds) Vom Zeitungsverlag zum Medienhaus. Springer Gabler, Wiesbaden
[10] Böxler, T. (2012). Paid content im web 2.0 : Strategien und erfolgsfaktoren für printverlage. Abgerufen auf https://ebookcentral.proquest.com
[11] BDZV (2020). Paid Content Angebote deutscher Zeitungen. Abgerufen auf www.bdzv.de/maerkte-und-daten/digitales/paidcontent/
[12] Filloux, F. (2011). Analyzing the metered model. Abgerufen auf https://mondaynote.com/analyzing-the-metered-model-e6aa51ecdfc3
[13] Licht, M. (2015). Paywall Optimierung: Warum die Paywall den meisten Verlagen das Geschäft vermasselt. Abgerufen auf https://www.konversionskraft.de/conversion-optimierung/paywall-optimierung.html
[14] Cederberg, M. (2019). The Anatomy of a Paywall -Insights and recommendations on charging for online news, S. 20. http://www.diva-portal.org/smash/record.jsf?pid=diva2%3A1351805&dswid=4930
[15] Müller S., & Goswami, S., & Krcmar, H. (2011). Monetizing blogs: Revenue streams of individual blogs. 19th European Conference on Information Systems, ECIS 2011.
[16] The Media Insight Project (2018). Paths to Subscription: Why recent subscribers choose to pay for news. American Press Institute. https://www.americanpressinstitute.org/publications/reports/survey-research/paths-to-subscription/
[17] Sjøvaag, H. (2016). Introducing the Paywall. Journalism Practice10(3), S.304-322. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17512786.2015.1017595?scroll=top&needAccess=true
[18] www.persoenlich.com
[20] https://www.independent.co.uk/
[21] Der Bund: https://www.derbund.ch
[22] https://hbr.org/
[23] https://sci-hub.tw/