Was CLV und CAC bedeuten und wie sie deine Marketing Performance erhöhen

Das Sprichwort "Der Kunde ist König" spielt auch im Online-Marketing und -Vertrieb eine zentrale Rolle. Mit dem Gewinnen und Halten von Kunden sind aber immer auch Kosten verbunden. In diesem Blogbeitrag behandeln wir die Thematik "Customer Acquisition Cost" (CAC) und "Customer Lifetime Value" (CLV) und geben dir einen Einblick, was diese Begriffe bedeuten und wie sich diese im Online-Marketing manifestieren und die Entscheidungen und das Verhalten von Digital Marketing Engineers beeinflussen können.
Von: Larissa Arn, Maryna Kulak Odermatt, Pascal Stamm, Philipp Ueltschi
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In heutigen Zeiten sind Kunden sehr wichtig für das Überleben eines Unternehmens, da diese durch ihre Handlungen die Ertragschancen oder auch die Verluste eines Unternehmens verursachen. Jedes Unternehmen sollte ein grosses Interesse daran haben die Qualität der Kundenbeziehungen zu steigern um wertvolle, profitable Kunden zu akquirieren und langfristig halten zu können. 

 

Was ist Customer Lifetime Value (CLV)?

Eine der meist verwendeten und akzeptierten Messgrössen für den Kundenwert sowohl in der akademischen Welt als auch in der Praxis [1].

Beim Kundenwert wird ermittelt wie viel ein Unternehmen insgesamt über den gesamten Lebenszyklus an einem Kunden verdient [2].

 

Es ist unmöglich innerhalb eines Wirtschaftsjahres einen Kunden zu gewinnen und sein gesamtes Potential auszuschöpfen. Es gibt zahlreiche Liquiditätsrückflüsse, welche bei der Beurteilung des Kundenwertes berücksichtigt werden müssen [3].

 

 Überblick über den Kundenwert.[3]

 

Verschiedene Definitionen des CLV dar [4].

 

 

 

Customer Lifetime Value (CLV) ist ein dynamisches Kundenbewertungsverfahren mit einem Quasi-Analytischen Lösungsalgorithmus und einer monetären Kundenwertkomponente. Dabei können auch indirekte nicht-monetäre Werte einen Beitrag zum Kundenwert liefern. Dieses Verfahren erlaubt einen quantitativen Vergleich von Kunden, jedoch beinhaltet es auch Nachteile aufgrund der aufwändigen Beschaffung und Verarbeitung der kundenbezogenen Daten sowie der erheblichen Komplexität [5].

 Wie berechne ich den CLV?

Der am Kundenlebenszyklus orientierte CLV errechnet sich aus dem Barwert der noch zu erwartenden und auf einen bestimmten Zeitpunkt diskontierten Zahlungsstrom des Kunden. Unter der Annahme, dass sämtliche Zahlungsströme am Perondenende anfallen ergibt sich folgende Berechnungsformel:

 

Berechnungdes CLV mit Hilfe der Kapitalwertmethode

 

Mit Hilfe der CLV-Berechnung wird die Kundenbeziehung aus zwei Blickwinkeln ermöglicht.

  1. Mittels vergangener Ist-Daten kann die Kundenprofitabilität ermittelt werden.
  2. Wird eine vorausschauende Schätzung des prospektiven Kundenwertes über die noch zu erwartende Dauer der Geschäftsbeziehung abgegeben.

Es wird ersichtlich, dass die Berechnung des CLV der eigentliche Ansatzpunkt für eine wertorientierte Kundensteuerung ist [6].

 

 

Was sind die theoretischen Grundlagen zu CLV?

Die Customer Journey

Es soll die ganze «Kaufreise» des Kunden– auch «Customer Journey» genannt über alle Phasen und Touchpoints vor und nach dem Kauf berücksichtigt werden, mit besonderem Fokus auf den «Zero Moment of Truth», kurz ZMOT. Bei Stimulus durch ein auslösendes Ereignis beginnt der Kunde einen Rechercheprozess und steigt in die «Customer Journey» ein. Im ZMOT findet die bewusste oder unbewusste Entscheidung für ein Angebot statt. Bei der First Moment of Truth-Phase trifft der potentielle Kunde im Offline- oder Onlineshop vor dem Angebot die finale Entscheidung zu kaufen oder nicht. Der Sekond Moment of Truth ist die Phase in welcher der Kunde das Produkt in Händen hält und die ersten Erfahrungen damit sammelt [7].

 

Der Zero Moment of Truht in der Customer Journey [8].

 

Multichannel Customer Journey [8]

 

Für jedes Unternehmen ist sehr wichtig vom Beginn der «Kaufreise» an, wenn der Kunde auf das Produkt aufmerksam geworden ist und Interesse zeigt, genügend Informationen zu geben um positive Emotionen zu wecken um den Kaufwunsch zu stärken. Der Kunde wird recherchieren und vergleichen sowohl online als auch offline. Er wird auch verschiedene Meinungen einholen und dabei auch auf Konkurrenzprodukte stossen. Das Marketingteam soll durch verschiedene Marketingkanäle den potentiellen Kunden auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen. Danach sollen die Beziehungen zu den Kunde durch verschiedene Marketingtools wie Personalisierung, E-Mail-Marketing sowie Display Advertising u.s.w gestärkt und gepflegt werden, damit die Kunden an das Unternehmen gebunden werden und immer wieder zurückkommen [8]. Nur durch langfristige Beziehungen zu den Kunden kann das Unternehmen den CLV steigern.

 

Warum ist der CLV wichtig für Vertrieb und Online-Marketing?

Marketing bezeichnet die Unternehmensfunktionen und Abteilungen, welche die Produkte und Dienstleistungen so zum Verkauf anbieten, dass potentielle Kunden und wirkliche Käufer das Angebot attraktiv finden. Online-Marketing überträgt eben diese Aufgabe in den Internetbereich [2].

 

Beim CLV werden sowohl vergangene als auch zukünftige Transaktionen berücksichtigt, was bei der Bestimmung angemessener Marketingaktivitäten zur Erhöhung der Rentabilität hilfreich ist. Der CLV ermöglicht den Managern die Rentabilität einzelner Kunden zu bewerten sowie eine Prognose zukünftiger Zahlungsströme zu erstellen [5].

 

Durch CLV lassen sich (Marketing-)Budgets optimal auf Neu- und Bestandskunden allokieren. So bietet der CLV eine Leitlinie, anhand derer Unternehmen entscheiden können, welche Mittel in die Akquise neuer Kunden und in die bestehenden Kundenbeziehungen fliessen sollen [4].

 

Auf Basis des CLV werden Kunden für die Investitionsentscheidung oftmals nach hohem oder niedrigem Wertpotential klassifiziert, um sich danach von nicht profitablen Kunden zu trennen und profitable Kunden zu akquirieren und in der Beziehungspflege zu priorisieren um optimale Kundenportfolios zu erstellen um die Unternehmensziele zu erreichen [4].

 

Was ist Customer Acquisition Cost (CAC)?

Auch Peter Drucker 1973 sagte schon, dass die Kernaufgabe einer Unternehmung es sei Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Kunden und Kundinnen sind Anlagen, welche zuerst akquiriert werden müssen, bevor diese gewinnbringend verwaltet werden können [10,11]. Die Kundenakquisitionskosten weisen aus, wie viel es eine Unternehmung gekostet hat, eine*n neue*n Kunden/Kundin zu akquirieren [2]. Die Kundenakquisition ist der erste Teil des Kunden Life-cycle und spielt daher eine wichtige Rolle für den Erfolg einer Organisation. Trotzdem sind die meisten Unternehmungen nicht besonders erfolgreich im Managen der Kundenakquise. Unternehmungen sollten ein Budget speziell für eine erfolgreiche Kundenakquise erstellen [9].


In der Literatur sind verschiedene Formeln für die Berechnung dieser Kosten zu finden. Die Formel kann sich je nach Geschäftsmodell unterscheiden. Eine mögliche Formel für die Kundenakquisitionskosten lautet wie folgt:

CAC = Gesamtkosten der Marketingkampagne für die Kundengewinnung / Summe der akquirierten Kunden

 

Zu den Gesamtkosten der Marketingkampagne gehören unter anderem: Löhne im Zusammenhang mit Marketing und Vertrieb, Kosten für die gesamte Marketing- und Vertriebssoftware, Alle zusätzlichen professionellen Dienstleistungen (z. B. Berater), die für Marketing/Verkauf in Anspruch genommen werden und Gemeinkosten [12]. 

Normalerweise sollte ein potenzieller Kunde / eine potenzielle Kundin erst dann gewonnen werden, wenn der erwartete Gewinn, den er/sie im Laufe der Zeit generiert, höher ist als die Kosten seiner/ihrer Gewinnung [13].


In der Vorlesung wurde zwischen Push und Pull Marketing unterschieden. Die Kundenakquisition kann hier klar in den Bereich des Push Marketings (für Nachfrage sorgen) eingeordnet werden. Dies bedeutet die Werbung geht vom Anbietenden oder vom Werbetreibenden aus wobei sich der/die Konsumet*in nicht wehren kann. Dazu zählt die klassische digitale Werbung wie Banner, Sponsoring oder PR. Um weiter zu unterscheiden in paid, owned und earned Media ist die Kundenakquisition hier den paid Media zuzuordnen. Kombiniert man also diese beiden Modelle ist man im Quadrant der Suchenden wo der Cost per Order für Neukundinnen hoch ist. Die Kunden Akquisition passiert vor der Kaufentscheidung und am besten eignet sich dafür eine Awareness Kampagne welche zur Stärkung der Markenwahrnehmung, Bekanntheit und des Images dient. Die Kampagne verfolgt Wahrnehmungs-, Wissens- und Einstellungsziele im Hinblick auf ein Produkt oder eine Marke. Die Kampagne wirkt grossflächig und ist oft besonders erfolgreich durch Kreativität [14].
 

 

 

Wie nutze ich den CLV im Online-Marketing und Vertrieb?

 

Stochastische Modelle

Diese Modelle basieren meistens auf den sogenannten RFM-Werten:
•    Die letzte Transaktion (Recency): Zeitpunkt des letzten Kaufs?
•    Die Kaufrate (Frequency): Anzahl an Käufen eines Kunden in einer vorgegebenen Zeitperiode.
•    Der Kaufwert (Monetary Value): Umsatz eines Kunden in der Vergangenheit und Zukunft.
Diese Daten können für die CLV-Prognose mit statistischen Modellen wie bspw. Lineare Regression, Lasso-Regression oder XGBoost, oder mit prohabilistischen Modellen wie dem Pareto/NBD-Modell oder dem BG/NBD-Modell berechnet werden. Bei letzteren wird für jeden Kunden die Wahrscheinlichkeit berechnet, ob dieser weitere Käufe tätigt [15].
Die Stochastischen Modelle sind in der Praxis einfach zu berechnen, da nur wenige Eingabedaten benötigt werden. Darin liegt aber gleichzeitig der Nachteil, denn diese Vereinfachung führt zu einer geringeren Vorhersagekraft, da beispielsweis saisonale Schwankungen nicht berücksichtigt werden. Um die Genauigkeit der Prognose zu erhöhen, helfen Maschinengestützte Modelle mit Künstlicher Intelligenz [16].

Machine Learning hilft dabei, den CLV anhand des historischen Kaufverhaltens vorherzusagen [16]

Machine Learning

Machine-Learning-Modelle können Hunderte oder Tausende Variablen für das Training verwenden. Durch Einstellen von verschieden Parametern wie bspw. Dem Prognosezeitraum oder unterschiedlichen Berechnungsansätze, kann der CLV auf ein bestimmtes Marketingziel genau vorhergesagt werden. Dafür sind die historisch angesammelten Kundedaten zentral. Diese müssen systematisch und aktuell erhoben werden und in das Modell eingespiesen werden, da die Daten sich laufen ändern. Diese Daten sind vorallem Transaktionsdaten der Kunden, aber auch demographische Daten wie das Alter und das Geschlecht [16].
 

Wozu nutze ich den CLV im Online-Marketing?

Bewertung von Neukunden und Marketingkampagnen

Die CLV-Prognose kannst du mit den CAC vergleichen. So siehst du direkt, ob sich einen Investition im Marketing für einen Kunden gelohnt hat. Neukunden mit hohem CLV haben ein hohes Potenzial zu guten Kunden zu werden und sollten weiter mit gezielten Marketingkampagnen angesprochen werden. Bei Neukunden mit tiefem CLV musst, du entscheiden ob sich weitere Marketingaktivitäten für diese Kunden überhaupt lohnen [16].

Zusammenhang zwischen CAC und CLV zur Einschätzung der Rentabilität [16]
Optimierte Verteilung der Marketingausgaben nach CLV-Prognose [16]

Wertbasierte Steuerung von Marketingausgaben

In Verbindung mit (Live-)Integration von CRM, Datawarehouse, Marketing-Automation und Onsite-Personalisierung kann der CLV als Steuerungskennzahl für die Kundenakquise eingesetzt werden. Für Bestandskunden mit hohem CLV können «statistische Zwillinge» identifiziert werden und so die Marketingmittel auf diese potenziell profitablen Kunden zu fokussieren [15].
Weiter solltest du die Verteilung des Werbebudgets an den CLV anpassen, um diese zu optimieren. Kunden mit vergleichbarem CLV fasst du zu Kundengruppen zusammen, wobei du für die Kunden mit dem höchsten CLV am meisten ins Marketing investieren solltest, da diese Kunden das grösste Potential haben. Mit dem CLV kannst du auch Kunden indentifizieren, welche gar keinen Umsatz bringen, und diese von der bezahlten Kommunikation ausschliessen [16].

Kundenreaktivierung und Churn Prevention

Es kann sich aber auch lohnen Kunden zurückzugewinnen. Zurückgewonnene Kunden haben oft einen höheren Umsatz, da sie ein grösseres Vertrauen und eine grössere Loyalität zu einem Unternehmen entwickeln, das sich aktiv um sie bemüht hat [17].
Hast du einen Kunden identifiziert, der aufgrund seines Verhaltens abspringen könnte, kannst du ihn präventiv mit attraktiven Angeboten anzusprechen. Wie hoch z.B. der Rabatt für diesen Kunden ist, bestimmts du mit der CLV-Prognose. Bei Kunden mit höherem CLV lohnt es sich, eher den Kunden mit einem grösseren Rabatt zu halten [16].

Wie erhöhe ich den CLV?

Den CLV kannst du grundsätzlich erhöhen, indem du die Erlösgrössen steigerst und/oder die Kostengrössen senkst. Die Steigerung der Erlösgrössen erreichst du, indem du die Dauer der Geschäftsbeziehung, die Zahl der getätigten Käufe in einer Periode, die Kaufmenge und/oder die Preisbereitschaft sowei die Wahrscheinlichkeiten für das Zustandekommen lukrativer Transaktionen erhöhst. Dafür muss letztendlich der vom Kunden wahrgenommene Nettonutzen einer Transaktion erhöht werden. Dies erreicht man im E-Bussiness durch Leistungsinduvidualisierung auch in sog. Massenmärkten (Mass Customization). Nachfolgend zeigen wir dir, welche Massnahmen in den einzelnen Markteinginstrumenten des Online-Marketing Mix du dafür hast [18]:

Transaktionswertmodell im Onlinehandel [19]

 

Was erhöht den CLV aus Marketersicht? [19]

Kommunikation:

  • Baue durch detaillierte Nutzeranalysen eine möglichst tiefgehende personalisiert Kommunikation zu einem Kunden auf, und zwar so, dass für den Kunden ein kommunikativer Mehrwert entsteht [18]. Dafür brauchst du eine grosse Customer Data Platform (CDP), um das Kaufverhalten der Kunden zu kennen [19].
  • Begleite den Kunden auf der gesamten Customer Journey mit mehren Touchpoints (Omni-Channelling) [18].
  • Mache den Kunden in deinem Online-Shop auf weiter Produkte aufmerksam (Cross-Selling) und gib ihm Möglichkeiten für hochwertigere Alternativen (Up-Selling) [19].

Produkt: 

  • Integriere den Kunden in die Produktgestaltung und gib ihm Möglichkeiten sein Produkt an seine Bedürfnisse anzupassen (Konfigurator) [18].

Preis:

  • Durch dynamische Preisgestaltung kannst du den Umsatz erhöhen, indem du z.B. durch eine höhere Zahlungsbereitschaft von Kunden den CLV erhöhst [18].
  • Treuebonis erhöhen die Kundenloyalität und somit die Dauer der Geschäftsbeziehung [19].
  • Kostenlose Dienstleistungen vergrössern die potenzielle Kundenbasis für z.B. In-App-Transaktionen [19].
  • Kostenpflichtige Abo-Modelle generieren regelmässige Kundentransaktionen, solange das Angebot für den Kunden stimmt (z.B. Amazon Prime) [19].

Distribution:

  • Biete den Kunden Premium-Dienste bei der Zustellung an: z.B. Expresslieferung [18].

 

CAC in der Praxis - einfache Umsetzung der Theorie?

Wir haben nun gelernt was das Konzept von Customer Acquisition Cost ist und haben Einblick in die theoretischen Grundlagen dazu erhalten. In diesem Abschnitt zeigen wir dir, wie diese theoretischen Grundlagen in der Praxis genutzt werden können und welchen Einfluss Informationen rund um Customer Acquisition Cost im Marketing-Mix eines Unternehmens haben.

Nebst Praxisbezug aus bestehender Literatur geben wir dir auch Einblick in ein regionales Startup und zeigen auf, welche Relevanz die Kosten von Kundenakquirierung in der Gründungsphase einer Unternehmung haben.

Einblicke der Praxisanwendung aus der Literatur

Customer Acquisition muss von Unternehmen bereits in frühen Stadien des Customer Life-Cycle beachtet werden. Der wichtigste Faktor für Unternehmen, welche erfolgreich sind in der Kundenakquirierung, ist ein eingeplantes Budget zur Kundenakquirierung und der dazu notwendigen Massnahmen. Das reine Verständnis des Akquirierungsprozesses oder der Einsatz von Personal zur Akquirierung ohne allokiertes Budget ist in der Praxis nicht zielführend [9]. Es ist erwiesen, dass tiefere CAC die Profitabilität einer Unternehmung steigern und die operativen Kosten einer Firma verringern [20].

Vor allem in Geschäftsfeldern mit häufig wechselndem Kundenstamm ist Customer Acquisition von grosser Wichtigkeit und bestimmt die Überlebensfähigkeit einer Unternehmung. Ohne Strategie bei der Kundenakquirierung sind die nachfolgenden Komponenten des Customer-Lifecycles nicht relevant [9]. Die Informationen und Erkenntnisse aus CAC können Unternehmer nutzen, um ihre Online-Marketing Massnahmen zu verbessern. So sind beispielsweise E-Mail-Marketing oder Social-Media Marketing laut einer Studie bei US-amerikanischen Unternehmen mit kleineren Online-Marketing Budgets sehr beliebt, da diese im vergleich zu anderen Massnahmen mit tieferen Kosten verbunden sind. Bei grösseren Firmen ist eine vermehrte Investition in Social Media Marketing zu erkennen [21]. 

Wenn Unternehmer die CAC als Information nutzen wollen, ist auch das Heranziehen des CLV von grosser Wichtigkeit, das alleinige Beachten der CAC ist in vielen Geschäftsfeldern nicht gewinnbringend, da die Kosten zur Akquirierung eines Kunden, egal welche Mittel dafür eingesetzt werden, auch in einem umsatzbringenden Verhältnis zum CLV stehen müssen. Dabei können Unternehmer in der Praxis Daten aus früheren Kundenakquirierungen nutzen, um Rückschlüsse über Künftige Massnahmen und Strategien ziehen zu können [9].

Um CAC gewinnbringend in die Budget- und Strategieplanung einzufügen, muss das Unternehmen den Mehrwert einer Investition messen können. Zudem müssen Firmen offen sein, einen Mix zwischen Paid-, Earned- und Owned Media zu finden, am besten unter Miteinbezug von eigens akquirierten Daten der eigenen Kunden [21].

 

CAC in Startups - beeinflusst Kundenakquirierung die Strategie von jungen Unternehmern?

Um einen Praxisbezug zu schaffen, haben wir uns die Frage gestellt, ob CAC bereits in frühen Stadien von Unternehmensgründungen eine Rolle spielt und die Entscheidungen und Strategien von jungen Unternehmer*innen beeinflussen.

Synature

Synature ist ein schweizer Startup, welches von vier Masterstudenten unter der Leitung von Olivier Stähli gegründet wurde. Es ist ein early-stage Startup, das neue KI-basierte Technologien entwickelt, um die Ko-Existenz von Menschen und Tieren zu verbessern und Konflikte zu minimieren. Synature arbeitet derzeit an der Entwicklung und Lancierung eines Smart Mikrofons, welches das Heulen von Wölfen über mehrere Kilometer und in Echtzeit detektieren kann [22].

Smart-Microphone von Synature
Smart-Mikrofon von Synature

Ein weiteres Produkt ist eine Daten-Management-Plattform, namens Synapp, auf welcher sämtliche Wildtierdaten von Sichtungen, GPS Trackern, Fotofallen und auch die der Smart-Mikrofonen verwaltet werden können.

Mockup der Synapp

Das Smart Mikrofon wird als Hardware Unit verkauft und nur an Wildhüter oder Biologen abgegeben. Die Wildhüter und auch Biologen sind dabei meist nur die Nutzer, die eigentlichen Kunden sind die Kantone, Staaten oder NGOs. Die Synapp wird als SaaS angeboten und ist für alle Menschen zugänglich (mit gewissen Restriktionen).

Synature ist momentan noch in der Entwicklung und daher in der "Pre-Revenue" Stage. 

 

Auswirkungen auf die aktuelle Budgetplanung und Strategie

Das Interview mit Synature zeigt uns auf, dass es im Zeitalter des Informationsüberflusses und Social Media relativ einfach sein kann, fast kostenlos an potentielle Kunden zu gelangen. Synature nutzt Digital Marketing Tools wie LinkedIn (wo sie pro Post ca 10'000 Menschen erreichen), Emails, Search Engine Optimization und CRMs (Monday), und profitiert auch von der Medienaufmerksamkeit, die sie dank der politischen Debatte um den Wolf erhalten. Synature erschien bis jetzt fast 20 Mal in den Medien im deutsch-, französisch- und italienischsprechenden Raum der Schweiz und Österreich, so beispielsweise in der Sendung 10-vor-10 des SRF. Dies resultiert in kostenloser, grosser Reichweite für Synature und fördert die Glaubwürdigkeit des Startups, was bereits zu Anfragen vom Yellowstone Nationalpark, National Geographic und dem WWF führten. 

Synature nutzt also die Relevanz ihres Produktes und kostenfreie Kommunikations- und Akquirierungsmöglichkeiten, um ein grosses Zielpublikum anzusprechen und die CAC tief zu halten. In ihrem Businessplan spielen CAC eine elementare Rolle zur finanziellen Projektion und daher auch als Kennzahl für Investoren. Somit spielen potentielle Kosten eine wichtige Rolle, um die Rentabilität und das Potential zu unterstreichen, die effektiven Kosten spielen jedoch aktuell noch eine untergeordnete Rolle.


Einfluss auf zukünftige Businessstrategie

Obwohl Synature momentan auf kostenlose Mittel zur Kundenaquirierung zurückgreift, sind CAC und deren Einfluss bereits teil ihrer Strategie. Zukünftig verfolgt Synature zwei Kundengruppen. Privatnutzer der Synapp (Einzellizenz) sowie Grosskunden mit Smartmikrofonen und mehreren Synapp Lizenzen. Dies führt zu zwei verschiedenen Strategien:
 

  • Für Privatnutzer (in Planung) müssen die CAC sehr tief gehalten werden und der ganze Verkaufsprozess soll ausschliesslich online stattfinden. Synature baut dafür Email-Marketing auf um Targets automatisiert und persönlich anzusprechen. Potentielle Kunden sind Natur-Enthusiasten, wofür als Kennzahl z.B. Anzahl Mitglieder in Naturschutzorganisationen gemessen wird.
  • Für Grosskunden (bereits in Umsetzung) wird, sobald ein qualifizierter Lead generiert wird, der potentielle Kunde persönlich kontaktiert und die Automatisation beläuft sich auf ein Minimum. Da bei Grosskunden die Verkaufsprozesse deutlich länger und Ressourcenintensiver sind, steigen hier die CAC rasant an. Da sich dort aber das Auftragsvolumen auf mehrere zehntausend Franken beläuft und die Aufträge häufig über mehrere Jahre laufen, ist entsprechend auch der CLV sehr hoch und deshalb der Kunde trotz hohen CAC attraktiv. Ein Restrisiko bilden hier Verkäufe, welche spät im Sales Cycle abgebrochen werden und hohe Ausgaben verursachen ohne Umsatz zu generieren. Dieses Risiko lässt sich generalisieren und ist nicht nur für Synature eine zu beachtende Gefahr.

Wir sehen dass sich Unternehmen schon in frühen Stadien nach der Gründung Gedanken über CAC machen müssen. Informationen über CAC beeinflussen Channels und Business Strategien der Unternehmen. Dennoch variiert die Relevanz von CAC für Unternehmen stark, je nach dem welche Produkte oder Services das Unternehmen anbietet und ob sich das Unternehmen aufgrund ihres Produktes günstige Tools oder Publicity zu Nutzen machen kann.

 

 

Glossar

Zum Abschluss dieses Blogbeitrages wollen wir dir als Leser*in einige Begrifflichkeiten näher erläutern, um das Gesamtverständnis des Beitrages und der Thematik von Customer Acquisition Cost und Customer Lifetime Value zu verbessern.

  • Gemeinkosten: Gemeinkosten ist eine Kostenart, die einem Bezugsobjekt nicht direkt zugerechnet werden kann. Beispiele für Gemeinkosten sind Energiekosten, Mietkosten oder Materialkosten
  • Churn: Churn beschreibt die Abwanderung von Kunden. Es ist eine Wortschöpfung aus den englischen Wörtern «change» und «turn». «Change» bezeichnet die Veränderung der Kundeneinstellung und des Kundenverhaltens, welche zur Abkehr vom Unternehmen («turn») in Form einer Kündigung führt [17].
  • Pre-Revenue: Ein Unternehmen befindet sich in der Pre-Revenue Phase, wenn noch kein Umsatz generiert wird. Im Beispiel von Synature ist das Produkt zwar in der Entwicklungs- und Testphase, dennoch kennen sie bereits ihre Kundentargets und wissen aufgrund ihrer Testphase und Anfragen von grossen Organisationen, dass eine hohe Nachfrage besteht. Dies ist wichtig für Unternehmen in diesem Stadium, da sonst eine Ungewissheit über künftige Einnahmen entsteht.

 

Die Autor*innen

Portrait_Philipp.jpg

Philipp Ueltschi

Maryna Kulak Odermatt

Maryna Kulak Odermatt

Larissa Arn

Larissa Arn

Pascal Stamm

Pascal Stamm

Quellenverzeichnis

[1] Wiesel, T. (2017). Customer Engagement Value. In: Helm, S., Günter, B., & Eggert, A. (Hrsg.), Kundenwert (4., überarbeitete und erweiterte Aufl., S. 114-133). Wiesbaden: Springer Gabler. 

[2] Alpar, A., Koczy, M., & Metzen, M. (2015). SEO-Strategie, Taktik und Technik: Online-Marketing mittels effektiver Suchmaschinenoptimierung. Wiesbaden: Springer Gabler.

[3] Gerin-Swarovski, C.(2007).  Steuerliche Behandlung des derivativen Firmenwertes von Industrieunternehmen. Wiesbaden: DUV.

[4] Heidemann, J., Kamprath, N., & Görz, Q. (2009). Customer Lifetime Value: Entwicklungspfade, Einsatzpotenziale und Herausforderungen. Journal für Betriebswirtschaft, 59, 183-199.

[5] Voeth, M. & Zimmermann, B. (2020). Customer Lifetime Value auf B2B-Märkten. In: Kollmann, T. (Hrsg.), Handbuch Digitale Wirtschaft (S. 374-389). Wiesbaden: Springer Gabler.

[6] Duderstadt, S. (2006) Wertorientierte Vertriebssteuerung durch ganzheitliches Vertriebscontrolling: Konzeption für das Retailbanking. Wiesbaden: DUV. 

[7] Beilharz, F. (2020). Online Marketing Manager: Handbuch für die Praxis (2., erweiterte und Aktualisierte Auflage). o.O.: O'Reilly. 

[8] Blattmann, O. (2023). Vorlesung 1. Online Marketing und -Vertrieb (Folien S.16, S.22).

[9] Ang, L., & Buttle, F. (2006). Managing for successful customer acquisition: An exploration. Journal of Marketing Management, 22(3-4), 295-317. 

[10] Drucker, P. F. (1973), Management: tasks, responsibilities, practices. New York: Harper & Row.

[11] Levitt, T. (1986). Marketing Imagination: New. New York: Simon and Schuster. 

[12] Customer Acquisition Cost (CAC). (2021, 7. Januar). [Zugriff am 02. Mai 2023]

[13] Hogan, J. E., Lehmann, D. R., Merino, M., Srivastava, R. K., Thomas, J. S., & Verhoef, P. C. (2002). Linking customer assets to financial performance. Journal of Service Research, 5(1), 26-38. 

[14] Blattmann, O. (2023). Vorlesung 7. Online Marketing und -Vertrieb (Folien S.27f).

[15] von Focht, T. (2022). Customer Lifetime Value: Neue Anwendungsmöglichkeiten durch Prognosemodelle. In: Halfmann, M. & Schüller, K. (Hrsg.) Marketing Analytics: Perspektiven–Technologien–Anwendungsfelder (S. 229-241). Wiesbaden; Springer Gabler. 

[16] Wuttke, L. (2022). Praxisleitfaden für Künstliche Intelligenz in Marketing und Vertrieb. Wiesbaden: Springer Gabler. 

[17] Kehl, R. E. (2001). Customer Lifetime Value und Churn Management im Kundenbeziehungsmanagement. Controlling, 4, 203-210. 

[18] Weiber, R. (2017). Ansätze zur Steigerung des Kundenwertes im Electronic Business. In: Helm, S., Günter, B. & Eggert, A. (Hrsg), Kundenwert (4., überarbeitete und erweiterte Aufl., S. 521-549). Wiesbaden: Springer Gabler. 

[19] Heinemann, G. & Zarnic, S. (2020). Performance Marketing in der Online-Sphäre: Vom Audience Targeting zum Customer Life Time Value. In: Bruhn, M., Burmann, C., & Kirchgeorg, M. (Hrsg.), Marketing Weiterdenken (S. 375-402). 

[20] Livine, G., Simpson, A., & Talmor, E. (2011). Do Customer Acquisition Cost, Retention and Usage Matter to Firm Performance and Valuation?. Journal of Business Finance & Accounting, 38(3,4), 334-363.

[21] Deal, D. (2014). Workhorses and dark horses: digital tactics for customer acquisition. Gigaom Research.

[22] https://www.synature.ch/ [Abgerufen am 14.05.2023]